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Lesetipp: #Heimathöhle Religion

Dieser Titel erregte sofort meine Aufmerksamkeit, als ich davon vor einigen Monaten las und mir das Buch von #Fulbert Steffensky kaufte. Ich begann zu lesen, aber irgendwie packte es mich nicht richtig und ich legte das Buch wieder zur Seite. Erst als ich mich mit dem Begriff Heimat in der letzten Woche auseinander setzte, erinnerte ich mich wieder und machte einen neuen Anlauf…und dieses Mal war alles ganz anders.

Auch wenn die Beiträge des Autors  sich auf dem Hintergrund dessen, was Christ sein bedeutet, bewegen, so betreffen sie doch unser aller Leben und die damit verbundenen Zweifel und Fragen an ein sinnerfülltes und gelingendes Leben. Ich gebe hier nur einen kleinen Ausschnitt aus den verschiedenen Artikeln.

Dieses Leben bedarf einer#Heimat, die sich bei Steffensky unter anderem festmacht an einem Ort, an dem man sich wohl fühlt, an Menschen/Freunden, denen man vertraut ist, an Objekten, die einem „lieb“ geworden sind, z.B.wie ein alter Pullover, der einen schon lange begleitet, und nicht zuletzt an der Sprache. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingen fragt er:

„Wie aber können Menschen ihre eigene Sprache schätzen und eine neue dazu lernen, wo sie nicht willkommen sind? Wie können Menschen sich und ihre Sprache schätzen, wo die Standardsprache zugleich das Gericht über das Eigene ist?“ (S. 96)

Ein Grund für den Ausbruch kriegerischer Auseinandersetzungen, und das trifft sicherlich auf alle Formen von Konflikten zu, ist „…die Unfähigkeit, sich in die Situation der Gegner hineinzuversetzen. Alle bestehen auf der eigenen, wie man glaubt begründeten Überzeugung, und man ist nicht fähig, zu erkennen, dass auch die Gegner Überzeugungen haben, die sie für begründet halten“. (S. 28)

An anderer Stelle beleuchtet er die religiöse Intoleranz gegenüber Andersgläubigen und schreibt: „Man könnte vielmehr die Kunst lernen, bei anderen Entwürfen der alten Nachricht und bei den anderen Gruppen Wahrheit zu vermuten. Man könnte zumindest lernen, ihre Entwürfe und Standpunkte zu verstehen. Wir finden in unseren Kirchen nicht selten eine Art von religiösem Autismus , der auf der eigenen Glaubenskonzeption besteht und nicht fähig ist, den Geist und die Logik anderer Konzeptionen wahrzunehmen. Wenn wir unfähig sind, die Logik der anderen Erzählung zu hören, hält sich jede Gruppe für allein seligmachend und kommt nicht heraus aus der Verachtung und der Angst vor der anderen“. (S. 142).

Wie es möglich ist, dass Menschen fähig sind, Kriege zu führen und unbeschreibliche Gräueltaten zu begehen., erklärt er:  „Man kann wohl kaum mit der Brutalität der beiden Weltkriege gegeneinander kämpfen, wenn dem Gegner nicht vorher die Kultur, die Würde und damit das Recht zur Existenz abgesprochen wurden. Vernichten kann man nur, wen man als vernichtungswürdig erklärt hat“.(S.31)

Und an anderer Stelle heißt es: „Der Mensch will mit sich im Reinen sein, und so sucht er sich Argumente für seine Schandtaten und wird damit vor sich selbst unkenntlich. Fast aussichtslos für die Erkenntnis der Wahrheit ist es, wenn die meisten die gleiche Maske tragen und sie einstimmig sagen: Das Boot ist voll…“ (S. 109).

Für mich ein – wahrscheinlich auch der gegenwärtigen Situation geschuldet – sehr bewegendes Buch!

Auch Bücher sind für mich ein Stück Heimat, manche Bücher sind meine besten Freunde, davon gibt es nicht allzu viele, aber ich denke, dieses Buch wird ein Freund bleiben, den ich immer mal wieder zur Hand nehmen und darin lesen werde.

Vielleicht hat meine kurze Rezension auch euer Interesse geweckt!

#heimathöhle religion rezension

 

 

 

 

 

Heimat

Kürzlich kam mir bei meinen abendlichen Gedankenspaziergängen das Wort Heimat in den Sinn, irgendwie überraschend, denn ich hatte ihn schon lange nicht mehr in meinem aktiven Wortschatz.

Ich frage mich, ob unsere jüngeren Generationen damit überhaupt noch etwas anfangen können. Wer immer eine Heimat gehabt hat und nicht gezwungen war, sie zu verlassen, hat auch keine Veranlassung, darüber nachzudenken.

Für die neu zu uns gekommenen Menschen wird dieses Wort eine Bedeutung, eine sehr schmerzliche haben.

Und dann kamen in meinem Kopf als auch im Fernsehen Bilder zurück, über die ich schon lange nicht mehr nachgedacht hatte. Die Erzählungen meiner Mutter (Jahrgang 1925) von Flucht und Vertreibung aus Pommern, vom Tod ihrer Großmutter auf einem Flüchtlingstreck Richtung Westen, vom Ankommen im Emsland, fremd sein, schuften müssen auf Tabakfeldern, vom schräg angeschaut werden…..vom Leben in einem „Heuerhaus“ mit zugigen Ecken. Ich habe mir darüber als Kind und auch später noch zugegebenermaßen nicht viele Gedanken gemacht, vielleicht war das alles zu abstrakt für mich.

Nun lief vor einigen Tagen ein Bericht über Flüchtlinge im Fernsehen, die am Ende des zweiten Weltkrieges nach Niedersachsen, Bremen und Schleswig Holstein geflohen waren und von  ihren Erinnerungen erzählten. Es waren Bilder, die denen aus den heutigen Flüchtlingslagern fast bis aufs Detail ähnelten: große Hallen, in denen winzige Parzellen mit Decken notdürftig abgedeckt waren, Menschen, die nichts zu tun hatten, Einwohner, die die Parole ausgaben: Türen zu, wenn die Flüchtlinge kommen. Die wollen doch nur stehlen und auf unsere Kosten leben……

Das alles hatten auch meine Eltern erlebt und meine Mutter erzählte davon immer wieder bis ins hohe Alter. So schmerzlich und traumatisch waren die Erinnerungen an den Verlust der Heimat, die sie nie wieder gesehen hat, und an die schweren Lebensbedingungen der ersten Zeit in der neuen Heimat, wenn sie denn eine war.

Und dann denke ich natürlich auch an die Hunderttausenden, die damals die DDR verließen, um in den „goldenen Westen“ überzusiedeln. Sie flüchteten ja auch, weil sie ein besseres Leben erhofften! Sie flüchteten nicht, weil sie Not litten oder weil Krieg herrschte, sie verließen ihre Heimat – soweit ich das beurteilen kann- weil sie nach mehr Freiheit und nach einem besseren Leben strebten.

Sicher sind viele mit falschen Vorstellungen gekommen, wie wahrscheinlich viele Flüchtlinge auch, sicher waren die ersten Jahre im „Westen“ auch schwer, aber schließlich haben wir es doch geschafft, nach und nach zusammen zu wachsen.

Haben wir das alles vergessen?

Manchmal kann ich die Bilder im Fernsehen fast nicht mehr ertragen, die Bilder von Aleppo und anderen Orten, die diesen Namen gar nicht mehr verdienen. Dort ist alles zerstört. Dort gibt es keine Heimat mehr. Können wir uns wirklich vorstellen, was es bedeutet, seine Heimat unter diesen dramatischen Bedingungen zu verlassen und in eine völlig fremde Kultur zu kommen und kein Wort zu verstehen?

Ich glaube nicht. Es erfüllt mich aber mit einem unendlichen Schmerz, die Bilder dieser vielen entwurzelten Menschen zu sehen.

Muss ich dazu sagen, dass es auch unter den Flüchtlingen Menschen gibt, die nicht aus unmittelbarer Bedrohung heraus zu uns kommen und dass es auch einen gewissen Anteil unter ihnen gibt, die keine echten Flüchtlinge sind, sondern hier ihren kriminellen Machenschaften nachgehen wollen. Das ist allen klar und dem muss entgegen gewirkt werden, um nicht all die anderen Menschen unter Generalverdacht zu stellen.

Nach wie vor stehe ich hilflos vor dieser Situation und befürchte, dass es noch schlimmer kommen wird, wenn ich heute in den Nachrichten höre, dass es in Griechenland zu gewalttätigen Auseinandersetzungen wegen der Errichtung von Hotspots gekommen ist und wenn die Nato jetzt mit Kriegsschiffen in der Region patroulliert, angeblich nur, um Schlepperrouten ausfindig zu machen. Es wurde betont, dass es nicht darum ginge, gegen Flüchtlinge vorzugehen. Aber was sonst bedeutet dieser Einsatz? Schon jetzt werden Hilfsorganisationen (Greenpeace) in Griechenland daran gehindert, Flüchtlingsbooten zur Hilfe zu kommen.

In wenigen Tagen findet ein neuer EU-Gipfel zum Thema Flüchtlinge statt und es sieht nicht danach aus, dass es ein Gipfel im Sinne der Flüchtlinge sein wird. Die Zeichen stehen auf Abschottung.

Warum hat die EU nochmal den Friedensnobelpreis bekommen?

Viele Fragen, keine Antworten.

Weihnachten hat unser Pastor den Vergleich mit Jesus im Stall gezogen, auch ihm und seinen Eltern wollte niemand eine Herberge geben. Also, was bedeutet den Untergang des christlichen Abendlandes? Die angebliche Unterwanderung durch Muslime oder das Vergessen unserer christlichen Werte der Nächstenliebe?

Nicht vergessen: Wir sind alle Menschen!