Archiv der Kategorie: Gedichte

Er wird sterben

 

Er wird sterben

Punkt.

 

Keine Frage mehr, kein Verhandeln, kein Weg heraus

Aus der Gewissheit

endgültiger Endlichkeit

Aus die Maus

 

Er wird sterben

Wie lange noch, wie viel Zeit

Bis zum Tage X, bis zum letzten Atemzug verbleibt

Bis zum Verderben

 

Oder Erlösung von irdischer Qual

Und der Frage, warum er das aushalten muss

Bis er gehen kann, gehen muss aus des Lebens Fluss

Ohne eine Wahl

 

Ich sehe ein, dass es nicht anders geht

Das Kommen und Gehen, Erblühen und Verblassen

Das Gebären, das Wachsen, das Lieben und Hassen

Das Leben und Sterben, damit die Erde sich dreht

 

Und erneuert

Er wird sterben

leiden, kämpfen, müde werden

Und wer beteuert

 

Es hätte alles seinen Sinn

Im Universum, was ihm und all den anderen geschieht

Ist es Karma oder wer auch immer an den Fäden zieht

So vermag ich ihn, diesen Sinn, jetzt und in diesem Fall ganz einfach nicht finden, weil ich betroffen bin

 

Der Tod ist auf einmal so nah

Was interessiert mich das Weltgeschehen, wenn du nicht mehr bist

Mit mir nicht mehr den Flügelschlag der Möwe vernimmst, die den Himmel vermisst

Was interessierte mich, dass es kein Leben ohne Sterben gibt, wenn ich dich sah

 

Und wünschte, nur einmal den Lauf der Zeit zu brechen

Deine Hand zu halten und dir noch eine Verlängerung zu versprechen….

 

 

Morgens, mittags, abends

Morgens, mittags, abends

Aufsteh‘n, Schule, Freizeit, schlafen

Morgens, mittags, abends

Aufsteh‘n, Studium, Freizeit, schlafen

Morgens, mittags, abends

Aufsteh‘n, Arbeit, Kinder, Mann und schlafen

Morgens, mittags, abends

Trennung, Tränen, Einsamkeit

Morgens, mittags, abends

Zaudern, Zagen, Neubeginn

Morgens, mittags, abends

Abschied, Sterben, Trauer

Morgens, mittags, abends

Fragen, Fragen, Fragen

An das Leben, was es war und was es ist

An mich selbst,

was soll werden

was du noch nicht gewesen bist

Morgens, mittags, abends

War es, was es war

Nichts ist zu ändern, nichts kommt zurück

Plötzlich war es nur noch, wird nicht mehr

Zeit ist knapp,

um Sinn zu finden in der Endlichkeit

hätte, wäre , könnte, sollte

Konjunktive haben keine Zukunft

hier, und jetzt, am Besten gleich

tun, was noch getan werden kann

sagen, was schon längst gedacht

bevor sie kommt, die Nacht

 

 

Nachtgedanken

In welche Form kann ich sie gießen

die kleinen Niederlagen des Alltags, die Trauer, das leise Entsetzen

der müden Knochen, die am Morgen die Zeit noch genießen,

sich zu  recken, zu strecken und keine Lust verspüren, sich in Bewegung zu setzen

Wie kann ich sagen, worüber niemand gerne spricht

die Puzzleteile im Kopf, wo eins nur mühsam den Weg zum anderen findet

die Ohren müde vom lärmenden Leben, das nachlassende Gesicht

all das, was manchmal erdrückend den Mut nimmt und Kräfte bindet

Und der Trotz, der sich regt, sich nicht zu beugen

der unbändige Wunsch, noch vieles zu erleben

was damals nicht ging oder ich bereit war zu verleugnen

die Kraft, die mich ausbremst, nicht mehr ausreicht, mich zu bewegen

das zu tun, was ich immer schon erträumte und mich nicht traute

zu wollen

und doch und doch und jetzt erst recht

was nützt es, dem Leben, dem Schicksal, dem Gott weiß was zu grollen

kein Mensch muss müssen, ich kann, ich will, ich bin nicht gerecht

mit mir selbst gehe ich zu hart in Gericht

was hat schon Gewicht?

Die Sonne am Morgen, der Bach, der übermütig in sein Bett sich ergießt

der Mond, der freundlich mir die Nacht erhellt

das Blut, das pochend durch meine Adern fließt

das Herz, das aufgeregt beim Universum ein verwandtes Du bestellt…

 

 

Hin und her gerissen

Bin hin und her gerissen dieser Tage

zwischen Lachen und Weinen, mehr wachen als schlafen

und wenn ich mich frage

woran es liegt, dass ich  keine Ruhe finde, mich nächtens wälze und drehe, als kämpfte ich mit einem nimmermüden Drachen

dann finde ich Antworten und finde sie auch nicht

es ist das Draußen, das mich in seinen Fängen hält

es ist das verstörte Drinnen, es ist sein Gesicht

das mich fragend ansieht und seine Wahrheit zur Debatte stellt

Es gibt nur das Jetzt, das Heute und diese Minute

das Gestern ist vorbei und gewährt kein zurück

heute ist heut und was morgen kommt, ist übermorgen schon wieder von gestern ein Stück

drum muss ich wohl leben in dieser Erkenntnis und mit heißem Blut

annehmen, dass es nichts anderes gibt, als dieses Leben zu nehmen, wie es ist

das Altern, das Sterben, das Fliehen, die mordende Brut

und trotzdem oder gerade deshalb jede Minute flüchtigen  Glücks ergreifen als meinen Besitz

die Liebe nicht vergessen, die in allem liegt,

in jeder Blume, jedem Baum, jedem Fluss, jedem freundlichen Blick

in der Schöpfung und jedem, der ihre Großartigkeit erkennt und sich geborgen in ihrer Schönheit wiegt

die einzig und allein kann wenden unser Geschick

Wir fühlen uns getrennt und leben doch alle unter einem Dach

Wir haben nur diese eine Welt, die uns Herberge gewährt und Wege bahnt

Wir erschaffen sie neu oder wir schaffen sie ab mit einem Handstreich über Nacht

es liegt in unserer Hand…