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Heute: Die einäugige unter den Blinden

Nachdem die äußeren Reparatur- und Renovierungsarbeiten abgeschlossen und die Peroneus brevis Sehne an meinem rechten Fuß wieder hergestellt waren, stellte sich kurzfristig nach meinem ….Geburtstag (ich habe euch ja im Detail über die jeweiligen Ereignisse auf dem Laufenden gehalten – hahaha) eine Eintrübung meines linken Auges ein, die ich nicht ignorieren konnte und mich wiederum zum Handeln zwang.

Umgehend eingeleitete Termine in einer Klinik bzw. bei meiner Augenärztin ergaben – d.h. ich wusste schon seit etwas mehr als  einem Jahr, dass ich unter einem grauen Star litt – bzw noch nicht litt, aber dennoch bereits von ihm heimgesucht war, bestätigten die Diagnose Katarakt, so der medizinische Fachbegriff.

In der Klinik wurde ich zweimal von verschiedenen ÄrztInnen mit unterschiedlichen Diagnosen untersucht, so dass ich trotz der Ablehnung des meinungsführenden Arztes dort beschloss, mir von „meiner“ Augenärztin, die so schnell keinen Termin freigehabt  hatte, aber dem gleichen Verbund von Augenärzten angehört, eine Zweitmeinung einzuholen. Wie erwartet, bestätigte sie die Diagnose in Gänze. Ja, ich hatte das erwartet, aber in Fällen von Operationen sollte man/frau doch immer, oder zumindest, wenn Zweifel bestehen, eine Zweitmeinung einholen.

Wie gesagt: Diagnose bestätigt. Auf dem linken Auge nur noch eine Sehkraft von 60%. Zahlen allein sagen nichts aus über die tatsächliche Einschränkung des Sehkraft, aber man kann sich vorstellen, dass 60% von 100 nicht gerade wenig sind. Also wurde ein OP-Termin für heute, den 20.03.2017, angesetzt.

Ich wurde zunächst aufgeklärt, was es mit dem grauen Star auf sich hat, und wie/was die Operation beinhaltet. Für mich Neuland, da ich mich mit bestimmten Themen erst  dann auseinandersetze, wenn sie für mich relevant werden. Kurzum: Der Katarakt ist eine Eintrübung der Linse, die meist altersbedingt ab dem 60. Lebensjahr (sic!) also bei mir mehr als pünktlich) eintritt. Man sieht alles durch einen Schleier und das Auge ist sehr blendempfindlich, für alle, die dieses Thema interessiert.

Aber Heilung ist nah: Die Linse wird durch eine Kunstlinse aus Silikon oder anderem Material ersetzt (ich hoffe, es handelt sich nicht um Restbestände des Silikons, wie es verheerend bei Brustvergrößerungen in Umlauf war).

Wie ihr oben seht, habe ich die Operation gut überstanden, morgen bei der Verbandentfernung werde ich erstmals sehen, hoffentlich, wie ich zukünftig wieder mit klarem Blick in die Welt schauen werde. Der Vorteil der Operation – wenn sie denn gelingt – liegt darin, dass man/frau dann bestenfalls nur noch eine Lesebrille benötigen wird! Das ist doch was! Nungut, da mein rechtes Auge soweit noch intakt ist und noch keiner OP bedarf, was sich ja sehr schnell ändern kann, wie ich gesehen habe, werde ich die Dinge nur zu 50 % wieder ganz klar sehen. Und was mache ich mit dem Rest? Kann ich bestimmen, welchen Teil ich glasklar und welchen nur schemenhaft erkennen möchte? Dieser Gedanke kommt mir so gerade eben beim Schreiben.

Zurück zu der OP. Es interessiert euch sicherlich brennend, wie sie abgelaufen ist, oder etwa nicht? Also, die Älteren unter euch, die diese Erfahrung noch nicht gemacht haben.

Das Ganze hat etwas mehr als 2 Stunden gedauert. Letzte Mahlzeit am Abend vorher, Trinken bis 2 Stunden vor dem Eingriff. Dann mit Leidensgenossen im Wartezimmer warten, warten, warten mit mehrmaligem Einträufeln von Puppillen erweiternden Tropfen.

Derweil habe ich einem Gespräch von einem älteren Ehepaar neben mir gebannt gelauscht. Offensichtlich musste sich der Mann der OP unterziehen:

Sie: Die kommen da alle ganz fröhlich raus, die da operiert worden sind.

Er: Ja. Mir tut mein Fuß weh, wenn man da was drauf legt.

Sie: So schlimm war das damals nicht mal mit deinem Knie. Wir holen dann Pflasters aus der Apotheke. Unsere Pflaster sind doch alle?

Er: Ja. Wenn wir in die Apotheke hier gehen, kriegen wir die Parkgebühr für die erste Stunde wieder. Aber ich weiß gar nicht, wo die Apotheke hier ist.

Sie: Ach, da laufen wir jetzt aber nicht rum. Da müssen wir wieder so weit laufen.

Sie nach kurzem Schweigen: Verhältnismäßig sind wir oft hier, wenn man das im Verhältnis sieht. Viermal warst du in letzter Zeit hier.

Er: Eins zieht das andere nach sich.

Er weiter: Es ist schon ein Vorteil, dass wir so im Zentrum wohnen. Die Soundso müssen immer von Atter kommen.

Sie: Ja, mit seiner Herzklappe ist das auch nicht so einfach

Er: Aber die sind ja auch noch jünger.

Sie: Sie, das ist eine Person….die weiß immer alles besser.

In diesem Moment wird der Mann zur Operation gerufen.

Ich will mich nicht über die Menschen lustig machen. Ich fand es einfach nur zu schön, ihnen zuzuhören. Als ich meinem Sohn davon erzählte, meinte er nur. Ja, irgendwann fängt das an (ob er mich damit gemeint hat?).

Dann war ich irgendwann an der Reihe. Mir wurde jeder Schritt erläutert, was ich sehr hilfreich und beruhigend fand, das mal vorweg. Ich bekann Tropfen in die Augen zur lokalen Anästhesie und per Infusion ein Mittel zur Beruhigung, das mich in einen sogeannten Dämmerschlaf versetzen sollte. Ich kann nicht sagen, warum, aber ich hatte weder vorher Angst und hatte die Nacht ganz unaufgeregt geschlafen, noch jetzt, wo ich auf dem Stuhl saß und von rechts und von links betüddelt wurde.

Dann wechselte ich noch einmal auf den Operationsstuhl, bekam dort nochmal Tropfen in die Augen. Jetzt wurde mein Augen mit dem Operationstuch abgedeckt. Ich war schon richtig tiefenentspannt. Der Operateur begann – wie gesagt – immer mit vorab Ansage, was er nun tun würde. Es wird ein milimetergroßer Schnitt an der Kapsel angebracht, in der die Linse sich befindet, die Linse wird mit Ultraschall zertrümmert und entfernt. Dann wird die zusammengeklappte neue Linse eingeführt und „aufgeblasen“. Ich weiß nicht mehr genau, ob sie sich selbst verankert oder mit Häkchen verankert wird. Ich glaube, ich habe von beiden Varianten gelesen.

Schmerzen? Nein, man sieht das Licht der Operationslampe und man spürt bisweilen Druck und einen ganz geringen Schmerz. Nicht mal Schmerz zu nennen. Das Ganze dauert max. eine halbe Stunde, wenn alles glatt geht. Anschließend wurde gleich ein Salbenverband (s. oben) angelegt.

Und dann, da war ich ja sehr positiv überrascht, erwartete mich – und selbstverständlich alle anderen Katarakt-Patienten – ein verspätetes Früstück mit Brötchen, Kaffee und Tee. Ich hatte mich vorher schon mit Lebensmitteln für die Zeit unmittelbar nach der OP versorgt, war mir doch klar, dass ich Hunger haben würde. Also, das hat mir sehr gut gefallen! Das machen sie wohl auch, weil man noch nicht gleich gehen darf, sondern noch ein bisschen überwacht wird (mit Blutdruckmessen), bevor man nach Hause gehen darf.

Also, alles kein Problem. Mir ging und geht es gut. Ich habe keine Probleme. Man soll in den ersten 24 Stunden nach der OP nicht alleine sein, denn es könnte sein, dass etwas Unerwartetes wie z.B. ein Kreislaufkollaps eintritt und dann muss man sofort wieder ins Krankenhaus. Bei mir alles gut.

Nun kann ich nur hoffen, dass sich das Auge nicht entzündet. Das kann in seltenen Fällen passieren. Morgen wie gesagt, der erste Kontrolltermin und Verbandentfernung.

Ja, also, gerade 60 geworden, und schon gehts weiter mit den inneren Reparaturarbeiten …

Aber, was den grauen Star angeht: keine Angst!

Da ich in den nächsten Tagen noch krankgeschrieben bin, habe ich noch Zeit, über einige andere Dinge zu berichten, die sich so ereignet haben. Je nachdem, wie die Stimmung ist.

einäugig

Claudia

Cartes sur Tables – sehr bald 60

Fast ist es soweit…Ein neues Lebensjahrzehnt steht vor der Tür, wie ich bereits berichtet habe.

Eigentlich wollte ich mich heute abend in aller Ruhe hinsetzen, und diesen Beitrag  schreiben. Nun hat mein Computer unerwartete Mucken gemacht, und ich befürchte, dass ich meinen „Computerfritzen“ (er verzeihe mir diesen Begriff, er „betreut“ mich bzw. meine Computer schon seit Jahren und sehr zuverlässig. Namen werden hier nicht genannt) werde kommen lassen müssen (über diese grammatische Anordnung musste ich erstmal nachdenken), um Ordnung ins das Chaos zu bringen.

Aber dieser Beitrag muss heute noch raus!

Das Thema „älter werden“, oder muss ich jetzt schon sagen „alt werden“, beschäftigt mich schon länger, wie meine Leser wissen, und jetzt, angesichts der 6…noch einmal insbesondere.

In Gedanken habe ich versucht, die Haben und die Soll-Seite zu beleuchten, das ist nicht ganz korrekt, aber ihr versteht schon: was steht auf der Haben-Seite meines Lebens und dessen, was noch kommen kann, was steht eher auf der Verlust-Seite.

Ganz klar: ein Großteil meines Lebens ist bereits vergangen. Wieviel Rest noch bleibt, liegt nicht in meiner Hand.

Was in der Vergangenheit liegt, kann ich nicht mehr ändern, es nützt also auch nichts, ihr in irgendeiner Weise hinterher zu trauern. Das tue ich auch nicht. Vielleicht hätte ich das eine oder andere anders machen oder besser lassen können. Aber ich habe zu jedem Zeitpunkt in meinem Leben so gehandelt, wie ich es damals für richtig hielt und bewältigen konnte. Es gab sicher verpasste Chancen, aber wie gesagt, dem hinterher zu trauern bringt nichts. Bis auf mein eigenes Ende, das hoffentlich noch auf sich warten lässt, habe ich alle elementaren Ereignisse in einem Leben erlebt: Geburt, Liebe, Entlieben, ein Kind, den Tod anderer Menschen. Und dabei – soll ich sagen zum Glück – sind mir radikale Varianten der o.g. Ereignisse erspart geblieben. Es gibt die Aussage, dass dem Menschen nur so viel abverlangt wird, wie er /sie auch tragen kann. Ob man diese Aussage verallgemeinern kann und darf, weiß ich nicht und bezweifle ich auch angesichts des Elends so vieler Menschen. Für mich trifft sie aber zu. Es waren zeitweise schwere Zeiten, aber ich konnte sie – auch mit der Hilfe anderer Menschen – überwinden und bin im Nachhinein dankbar für alle Erfahrungen.

Wenn auf der Verlustseite tatsächlich Verluste stehen, die weh getan haben, wie der  von Freundschaft, des Partners oder der Eltern, so stehen demgegenüber auf der Haben-Seite die Erfahrungen, dass man auch mit schweren Ereignissen fertig werden und  an ihnen wachsen kann (manch einer wird an dieser Stelle wahrscheinlich heftig widersprechen). So bin ich dankbar dafür, dass ich meinen (Ex) Mann bis zu seinem letzten Atemzug begleiten durfte und dass ich mit meiner Mutter in ihrem letzten Lebensjahr noch mal eine ganz intensive Zeit erlebt habe.

Ich vermisse sie immer noch schmerzlich, meine Mutter, und ich merke, wie sehr ich ihr ähnlicher werde, nicht zuletzt in den Alterserscheinungen, die ich von ihr kenne und die ich nun z.T. an mir selbst wahrnehme. Das beruhigt mich nun wieder nicht.

Die Erlebnisse mit meinem schwerkranken Mann und meiner Mutter waren Prüfungen für mich, ich verbuche sie auf beiden Seiten, dem Verlust und dem Schweren in meinem Leben und dem Haben als Erfahrungsschatz und Dankbarkeit. Ich bin dankbar, dass ich die damit verbundenen Herausforderungen angenommen habe.

Mein berufliches Leben hat sich anders entwickelt, als ich es als junge Frau geplant hatte, aber das ist heutzutage ja eher die Regel als die Ausnahme. Als ich mein Studium Mitte der 1980er Jahre beendet hatte, fand ich während dieser Zeit der „Lehrerschwemme“ keine Anstellung. Ich bekam dann überraschend das Angebot, als Schwangerschaftsvertretung zu arbeiten. Bis dahin hatten wir mit der Familienplanung noch gewartet, aber da es keine Aussicht auf Weiterbeschäftigung gab, wurden „wir“ schwanger, das größte Geschenk in meinem Leben. Ganz klar „Haben-Seite“.

Beruflich hatte ich das grosse Glück, nach einer Umschulung – als Lehrer ist man ja auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kaum vermittelbar zumal mit den Fächern Sport und Französisch – eine Stelle bei terre des hommes zu finden und dort in Afrikareferat wenigstens noch meine Sprachkenntnisse sinnvoll einsetzen zu können. Ich fühle mich immer noch gut aufgehoben und kann mich mit meiner Arbeit identifizieren. Also auch Haben-Seite. Aber auch dieser Lebensabschnitt geht in nicht allzu langer Zeit zu Ende. Ein weiterer Verlust auch an Identität und dem Gefühl, etwas Nützliches für sich und die Gesellschaft zu tun. Aber darüber will ich heute noch nicht nachdenken. Es müssen auch noch Themen übrig bleiben!

Mein/unser Sohn litt fast von Geburt an unter Neurodermitis und später und bis heute unter Asthma. Auch das war ganz und gar nicht einfach, für beide Seiten nicht. Dazu kam noch die Trennung von meinem Mann, die ich mir lange nicht zutraute. Ich musste den Schritt letztlich gehen, sonst wäre ich daran vermutlich zugrunde gegangen. Wie ich oben geschrieben habe, wurde mein Mann viele Jahre später sehr krank und ich stand vor der Entscheidung, ob ich die Betreuung für ihn übernehmen würde oder nicht. Es gab viele innere Kämpfe, viele Menschen rieten mir, es nicht zu tun, aber letztlich muss es wohl eine innere Stimme gewesen sein, die mich dazu aufforderte, es zu tun. Und es war richtig! So konnte ich mich von ihm verabschieden ohne jeden Groll im Herzen und ich hoffe, er konnte es auch. Leider konnte er es mir nicht mehr sagen. D.h. einmal sagte er zu mir, er wisse, was ich alles für ihn täte.

Es gibt keine Patentrezepte im Leben. Für andere getrennte Paare mag dieser Weg unmöglich sein. Für mich war es eine Art Aussöhnung. Und für meinen Sohn, der mich in keiner Weise unter Druck setzte, so zu handeln, war es sicher auch wichtig und eine Erleichterung. Denn wie hatte er unter der Trennung und den Streitereien gelitten!

Eigentlich wollte ich gar nicht meine ganze Lebensgeschichte wieder aufrollen, aber nun ist es so gekommen, und dann war/ist es wohl auch richtig. Wie gesagt, dass sind meine ganz persönlichen Erfahrungen.

Zurück zur Jetztzeit. Nachdem meine Mutter (es ist jetzt gerade zwei Jahre her) verstorben war, dachte ich: nunja, jetzt hast du die Gelegenheit, noch einmal durchzustarten und auszuloten, was das Leben noch zu bieten hat. Zunächst musste ich natürlich den Tod meiner Mutter verarbeiten und mich von den Strapazen erholen. Ein Jahr später begann ich dann mit diesem Blog, der auch zu meiner Aufbruchstimmung gehörte und auch den Gesprächen mit meinem Sohn geschuldet ist, der mich ermutigte, mit dem Schreiben anzufangen. Auf der Haben-Seite.

Auf den Verlust-Seite die Erkenntnis, dass der Alterungsprozess fortschreitet, sowohl physisch als auch psychisch. Ständige Muskelschmerzen, abnehmende Muskelkraft, Schlafstörungen etc. etc. Verlustseite. Die psychische/mentale Seite will ich nicht ausklammern, das Vergessen von Namen insbesondere, das Vergessen von Dingen, die ich gerade oder vorhin getan habe…Sorge, ob das altersbedingt ist oder was anderes dahinter steckt. Schamgefühl, darüber zu reden, denn wie fassen die Mitmenschen das auf? Ich kann eigentlich schwer etwas für mich behalten, aber manchmal ist es vernünftiger zu schweigen. Allerdings habe ich immer wieder festgestellt, dass es anderen Menschen in meinem Alter genauso geht wie mir, und dass sie, wenn ich von meiner Vergesslichkeit gesprochen haben, sagten: Gott sei Dank, dass es nicht nur mir so geht! Sie waren wie ich froh zu hören, dass es „normal“ ist im Alterungsprozess. Trotzdem macht es Angst, ganz klar. Die Frage, wie lange kann ich das Tempo in meinem Beruf noch mitgehen? Verlustängste!

Die Erkenntnis, dass die Welt immer komplizierter wird und dass man bestimmte Dinge einfach nicht mehr versteht. So die ganze Computerwelt. Ich arbeite natürlich am Computer, aber wenn es z.B. um die Einrichtung eines neuen Handys geht, dann streiche ich die Segel und rufe meinen Sohn zu Hilfe. Nun, Gebrauchsanleitungen zu lesen war noch nie mein Ding, und das wird auch nicht besser. Verlust-Seite.

Im Bus macht man mir jetzt schon mal Platz. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt und kann es auch annehmen.

Annehmen heißt das Gebot der Stunde. Habe ich auch schon häufiger mal erwähnt. Alles andere macht keinen Sinn. Ich kann doch nichts ändern. Ich kann versuchen, mich auf verschiedene Weise fit zu halten und das Leben trotz allem positiv zu sehen.

Ist vielleicht was dran, dass, wenn ich dem Leben positiv begegne, es auch freundlich zu mir ist. Auf jeden Fall stimmt es doch, dass ich mit einer freundlichen Ausstrahlung eher positive Reaktionen bekomme, als wenn ich mit Leidensmine durch das Leben gehe.

Ich bin gerade in einer Aufräumphase, innerlich wie äußerlich, sagen wir, im Moment geht es noch um das äußerliche Großreinemachen: ich habe – wie ihr wisst – meine Wohnung renoviert – jetzt bin ich damit fast fertig. Gleichzeitig war das die Gelegenheit, mich von allem Überflüssigem in meinen Schränken zu trennen. Vielleicht auch Anlass, mich von Überflüssigem in meinem Leben zu trennen, Balast abzuwerfen.Kürzlich habe ich eine – wenn auch lose – Freundschaft gekündigt, nachdem die Person jahrelang nichts von sich hatte hören lassen und dann plötzlich den Kontakt wieder aufnehmen wollte. Manchmal muss man sich auch von Menschen trennen. Und je älter man wird, desto eher erkennt man, was eine Freundschaft wert ist, was sie einem bedeutet oder eben auch nicht. Oder was einem nicht mehr guttut. Dann sollte man sich davon trennen und sich andere, tragfähige Beziehungen suchen. Verlust und Chance zu Neuem.

Es wird von einem aktiven in-der-Welt-sein immer mehr zu einem auf-die-Welt -schauen. Nunja, ganz so weit bin ich noch nicht, aber das ist die Richtung. Ich entrüste mich immer noch über Ungerechtigkeiten, Unaufrichtigkeit, Lügen, Betrügen…. im täglichen Umgang als auch im Großen (politisch). Was mir nicht weiter hilft, ist diese Kultur  des Hassens und Zurückhassens. Auf die Schiene will ich nicht. Denn Hass zerstört mich und ändert den, den ich meine hassen zu müssen, auch nicht.

Vielleicht ist das mein „Problem“. Ich muss bei allen kontroversen Auseinandersetzungen auf allen Ebenen immer beide Seiten betrachten und meistens ist es so, dass es für beide Seiten ein für und wider gibt. Selbst bei Donald Trump gibt es Ansätze, bei denen man sagen könnte: mal abwarten, vielleicht ergeben sich daraus positive Entwicklungen, so aus einer eventuellen Annäherung mit Putin und einer Übereinkunft in punkto Syrien. Also, insgesamt macht es mir meine Haltung oft nicht leicht, klar Stellung zu beziehen. Aber Unrecht ist Unrecht, und da gibt es für mich auch keine Zweifel. Nur, wer bestimmt, was Unrecht ist? Soll ich diese Fähigkeit, mich jeweils mit konkurrierenden Auffassungen auseinanderzusetzen, als Vor- oder Nachteil werten. Ich verbuche es auf der Haben-Seite, denn es macht die Verständigung mit Menschen leichter.

Dazu noch ein Zitat aus einem Buch von Fulbert Steffensky (Heimathöhle Religion), das ich vor einiger Zeit rezensiert habe:

Er spricht hier über die verschiedenen Konfessionen, aber das Beispiel lässt sich auf alle menschlichen Konflikte übertragen:

„Man könnte vielmehr die Kunst lernen, bei anderen Entwürfen der alten Nachricht und bei den anderen Gruppen Wahrheit zu vermuten. Man könnte zumindest lernen, ihre Entwürfe und Standpunkte zu verstehen. Wir finden in unseren Kirchen nicht selten eine Art von religiösem Autismus , der auf der eigenen Glaubenskonzeption besteht und nicht fähig ist, den Geist und die Logik anderer Konzeptionen wahrzunehmen. Wenn wir unfähig sind, die Logik der anderen Erzählung zu hören, hält sich jede Gruppe für allein seligmachend und kommt nicht heraus aus der Verachtung und der Angst vor der anderen“. (S. 142).

Habe ich jetzt schon alles gesagt? Bestimmt nicht. Ich wollte euch einen Einblick in mein Lebensgefühl geben. Was die ganze äußere Situation auf der Welt gegenwärtig angeht, darüber habe ich schon öfter geschrieben und dass sie mir Angst macht, auch um unserer Kinder willen. Aber ich kann auch nicht jeden Tag mit Angst im Herzen beginnen. Seine Meinung sagen, wo es notwenig ist, etwas tun, wo man es kann.

Und, wie geht es euch, die ihr in einem ähnlichen Alter seid wie ich? Oder was denken die Jüngeren über meine Sicht auf das Leben?

So, und in den nächsten Tagen steht erstmal feiern auf dem Programm, allem Alter zum Trotz!

Eure Claudia

PS: ich mache sonst bestimmt keine Werbung für irgendetwas, aber an dieser Stelle erlaube ich es mir, noch einmal auf meine Spendenaktion zugunsten von terre des hommes Deutschland e.V. hinzuweisen, über die ich in meinem Beitrag „Zwei Jubiläen auf einmal“  bereits berichtet habe.

Ich habe hier einen Link

http://rtlnord.de/nachrichten/kinderhilfswerk-terres-des-hommes-geht-gegen-kinderarbeit-in-indien-vor.html

für euch. In der Sendung  erfahrt ihr, was wir aktuell z. B. in Indien tun. Es ist nur ein Beispiel, aber ich denke, es gibt euch schon einen Eindruck von unserer Arbeit. Wenn ihr etwas auf das von mir bei terre des hommes extra eingerichtete Konto überweisen möchtet, ist hier noch einmal die Kontoverbindung. Hoffentlich verschrecke ich euch damit nicht. Es ist mir – wie man so schön sagt – eine Herzensangelegenheit, weil ich schon so lange bei terre des hommes arbeiten darf und für die Sache stehe, die wir vertreten:

terre des hommes Deutschland e.V.

IBAN: DE66 2655 0105 0000 2266 62

BIC: NOLADE22XXX

Stichwort: „60. Geburtstag Claudia“