„Frohe Ostern“, was immer das für dich/euch heißen mag: Ostereier suchen, in der Familie zusammenkommen, gut essen, in die Natur gehen und das schöne Wetter genießen, mal wieder in die Kirche gehen und sich des eigentlichen Sinns dieser Tage erinnern….
Bei mir ist es von allem ein bisschen.
Für heute habe ich mir jedenfalls vorgenommen, mich mal wieder zu melden nach längerer Zeit. Keine Termine, keine Zeitpläne…Muße, um mich an den Computer zu setzen.
Die Frage nach dem Sinn all dessen, was man hier so tut in dieser eigentlich sehr kurzen Spanne auf der Erde, habe ich mir schon oft gestellt, ohne wirklich eine Antwort zu finden. Die Existenzialisten meinen, es gäbe keinen Sinn, die menschliche Existenz sei schlichtweg absurd. Wahrscheinlich stand schon jeder von uns mal vor einem derartigen schwarzen Loch, vor der Frage, wozu das alles?
Nun mal nicht gleich in Trübsinn verfallen an diesem sonnigen Tag.
Ich habe immer Menschen bewundert, die schon sehr früh wussten, was sie „werden“ wollten, die mit ganzer Leidenschaft ein Ziel verfolgt haben, die insofern ihren Sinn gefunden hatten. Ob sie dabei tatsächlich glücklicher waren oder sind, kann ich nicht sagen. Ich vermute es . So etwas habe ich leider für mich nicht kennenlernen dürfen. Sicher, es gab bestimmte Sachen, die ich auch mit Leidenschaft getan habe, aber einen Lebenssinn habe ich darin nicht erkannt.
Mir gefällt der Ansatz besser bzw. habe ich keinen anderen, als dass das Leben selbst, wie es sich jeden Tag neu präsentiert und neue Aufgaben stellt, die gelöst werden wollen, den Sinn vorgibt. Manchmal ergibt sich die Bedeutung des Gelebten auch erst im Nachhinein oder sehr viel später. Für mich persönlich sind es eher die wirklichen Herausforderungen, also die schwierigen Situationen und deren Bewältigung, die ich als sinngebend empfunden habe.
Vor kurzem bin ich auf eine Diskussion zum Thema Integrität gestoßen, die mich sehr bewegt hat und noch bewegt, denn auch wenn ich mir dessen nicht vollends bewusst war, so spielt Integrität eine große Rolle in meinen Leben.
Ich ziehe immer gerne Wikipedia zu Rate für Definitionen:
„Persönliche Integrität ist die fortwährend aufrechterhaltene Übereinstimmung des persönlichen Wertesystems und der persönlichen Ideale mit dem eigenen Reden und Handeln. Grundlage des Wertesystems ist eine religiös, politisch oder humanistisch begründete Ethik. Ein integrer Mensch lebt und handelt in dem Bewusstsein, dass sich seine persönlichen Überzeugungen, Maßstäbe und Wertvorstellungen in seinem Verhalten ausdrücken. Persönliche Integrität ist als Treue zu sich selbst gekennzeichnet worden. Sie achtet aber ebenso die Integrität und Würde der Mitmenschen und strebt danach, diese nicht zu verletzen.“
Gar nicht so einfach, kann ich da nur sagen, aber gefühlsmäßig hat das Bewusstsein darüber bei mir zugenommen, wann ich nicht im Einklang mit meinen Wertvorstellungen handele. Und wenn ich tief in mich hineinhöre, nehme ich deutlich die Signale wahr, wenn ich dagegen „verstoßen“ habe. Das mag sich engstirnig oder wer weiß wie anhören, aber es gibt glaube ich in jedem von uns eine innere Stimme, die unablässig Nachrichten sendet, wir sind nur nicht immer auf Empfang oder wollen es auch nicht sein. Ein unverfängliches Beispiel: Jemand übernimmt sich mit seiner Arbeit, ist auch am Wochenende immer ansprechbar, findet keine Ruhe mehr. Er oder sie hört nicht auf die innere Stimme, die warnt, dass es so nicht weitergehen kann. Es folgen zunächst leichtere Krankheiten. Es beginnt vielleicht mit Rückenschmerzen…bei weiterem Ignorieren dieses Zeichen werden die Krankheiten schwerer und schwerer. Das hat nicht unbedingt etwas mit einem persönlichen Wertesystem zu tun – es sei denn, die Person hat das unbedingte Streben nach Aufstieg zu ihrem Lebenssinn erkoren – aber doch mit dem allgemeinen Wert, dass der Mensch in Würde sollte leben können mit einem Ausgleich zwischen Arbeit und Ruhezeit.
Für mich ist Aufrichtigkeit ein wichtiger Wert und ich merke immer wieder, wie schwer es ist, immer aufrichtig zu sein. So zum Beispiel, aufrichtig mit anderen Menschen zu sein, wenn ich dadurch potentiell in eine Konfliktsituation gerate. Andererseits kann ich die Situation, in der ich nicht aufrichtig bin, nur sehr schwer ertragen. Nun bin ich schon im fortgeschrittenen Alter und habe das Gefühl, in dieser Hinsicht noch ganz viel an mir arbeiten zu müssen, damit ich wirklich integer bin.
Aufrichtig und Integrität sind für mich zwei Seiten einer Medaille . Wenn ich aufrichtig bin, stehe ich zum meinen Werten, zu denen auch die Wahrhaftigkeit gehört. Nun, wo steht geschrieben, welche Werte universell sind? Kommt die Seele mit einem Satz von allgemeingültigen Werten in diese Welt und bleibt sie nur gesund, wenn wir diesen Werten folgen, oder sind Werte nur sozial definiert? Wissen wir nicht. Ich fühle aber ziemlich genau, wenn ich etwas tue, was meinem Bewusstsein oder Unterbewusstsein von falsch oder richtig widerspricht.
Natürlich will ich hier nicht einem perfekten, fehlerfreien Verhalten das Wort reden. Könnte und wollte ich gar nicht. Darum geht’s nicht, sondern, wie es oben in der Definition von Integrität heißt, dass man sich selbst treu bleibt und die Integrität und Würde des Anderen respektiert.
Das wäre zumindest eine Frage, die ich am Ende meines Lebens gerne mit „ja“ beantworten würde. Wenn das vielleicht auch noch kein Lebensinn an sich ist, so würde es das Leben doch etwas weniger absurd machen.
Übrigens habe ich dazu vor Ostern noch eine Deutung zu Jesus und seiner Bedeutung für uns gehört: Jesus war einer von uns, einer wie wir, der auch sein ganzes Leben um Integrität gekämpft hat und bis zum letzten Moment gezweifelt hat. Das möge uns trösten.
Ich wünsche euch einen schönen, unbelasteten Tag!
