Schlagwort-Archive: Lesen

Sein Bruder – Philippe Besson

 

Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, das mir vor ca. 10 Jahren in die Hände fiel und das ich jetzt noch einmal gelesen habe, weil es mich damals wie heute tief beeindruckt hat und ich es deshalb hier rezensieren möchte.

Es ist der 2. Roman von Philippe Besson, seines Zeichens Franzose, erschienen 2001 und in viele Sprachen übersetzt. Der Roman ist außerdem verfilmt worden unter demselben Titel. Seither hat Besson mit einer Ausnahme jedes Jahr einen Roman veröffentlicht. Seine Bücher stehen alle in meinem Regal, aber „Sein Bruder“ (Son Frère), ist nach meiner Meinung sein bislang bestes Werk.

Luc, 28 und Schriftsteller, erzählt die Geschichte seines Bruders Thomas, nur 15 Monate jünger als er, der an einer Zerstörung seiner Blutplättchen leidet, deren Ursache noch nicht gefunden wurde. Die ursprüngliche Vermutung, dass es sich um Aids handeln könnte, bewahrheitet sich nicht, allerdings bedeutet dies keinerlei Entwarnung, denn in Thomas Körper schwelt eine, wenn auch andere, schwere Krankheit.

Während Luc erzählt, wie die Ärzte nach Ursachen suchen und verschiedene Behandlungsmethoden ausprobieren, erinnert er sich gleichzeitig immer wieder an ihre gemeinsame Kindheit und Jugend, und vor allem an ihre Ferien auf der Ile de Ré im Atlantik. Sie waren sich damals schon sehr nah gewesen und sehr ähnlich, eine Ähnlichkeit, die Luc selbst nicht sehen konnte und wollte, bedeutete das für ihn doch, dass Thomas die Aufmerksamkeit seiner Umwelt auf sich zog und verwöhnt wurde. Ja, er hatte sicherlich mehr darunter gelitten, als er es heute zugeben würde. Jetzt würde er sich freuen über die Feststellung, dass sie sich ähnlich sehen und er würde es gerne akzeptieren, nicht der Bevorzugte sein. Aber es ist zu spät.

Ihre Mutter ist dreizehn Jahr jünger als ihr Mann und Luc vermutet, dass sie ihren Mann wahrscheinlich gerne irgendwann verlassen hätte, aber sie bleiben in ihrer Uneinigkeit vereint. Wie ein Schatten hängt der Tod eines ersten ungeborenen Kindes, Clément (zu Deutsch Klemens, aber auch der „Milde“) über der Familie. Mutter und Vater wissen nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Noch einen Sohn zu verlieren, würde die Mutter nicht verkraften. Und dann ist da noch Claire, die Freundin von Thomas, Claire mit den klaren Augen. Sie ist mit der Situation ebenfalls überfordert und stellt fest, dass sie nicht dafür gemacht ist, das Leid von Thomas auszuhalten.

Letztlich bleibt nur Luc übrig, der Thomas begleitet und versteht.

Als Luc 14 ist, bemerkt er zum ersten Mal, dass er sich für Jungs interessiert. Weder er noch Thomas machen daraus eine große Geschichte, und wenn sich mit dieser anderen Ausrichtung auch der erste größere Unterschied der beiden manifestiert, so ist doch auch schon das Wissen um die Unzertrennlichkeit und Unzerstörbarkeit ihrer Verbindung deutlich.

Schon ganz am Anfang der Behandlung sagt Thomas, dass er weiß, dass er die Krankheit nicht überleben wird. Er weiß es und Luc weiß es. Es kommen zwischendurch kurze Momente der Hoffnung auf, die aber immer schon das Scheitern in sich tragen.

Als sich Thomas gegen Ende weigert, noch irgendwelche Behandlungen an sich vornehmen zu lassen, wünscht er sich, mit Luc nach Saint Clément auf der Ile de Ré in ihr altes Feriendomizil zu reisen. Er will dort seine letzte Lebenszeit verbringen und es ist aus der Perspektive dieses letzten Aufenthaltes auf der Insel, aus der Luc aus der Kindheit berichtet.

Eines Tages setzt sich ein alter Insulaner neben sie auf eine Bank und erzählt aus seinem harten Leben am und auf dem Meer. Davon, dass ihm das Meer so viele Menschen genommen hat. Er kehrt mehrere Tage hintereinander wieder und erzählt…

An dieser Stelle nimmt die Geschichte eine unvermutete Wendung.

Die Frage, die letztlich im Raum steht: Ist die Krankheit eine Strafe?

Philippe Besson beschreibt, ja seziert förmlich sowohl die äußeren Vorgänge der medizinischen Behandlung und deren Auswirkungen auf Thomas als auch die Gemütslagen der verschiedenen Beteiligten. Fast analytisch versetzt er sich in seine Personen, ohne Pathos, aber in wenigen, präzisen Worten so eindringlich, dass keine weiteren Erklärungen erforderlich sind. Er trifft mitten ins Herz.

Der menschlichen Psyche und den verschiedenen Varianten von Liebe, Scheitern und Tod gilt sein Hauptaugenmerk in allen seinen Romanen, in der Feststellung, weniger der Wertung, einer Feststellung, die dem Leser manchmal in ihrer Radikalität fast den Atem stocken lässt. Besson lässt seine Geschichten selten „gut“ ausgehen. Er beschäftigt sich mit der dunklen Seite der Seele, mit dem in seinen Romanen oft als Unvermeidliches dargestelltes und als solches hinzunehmendes.

Dabei enthalten die Geschichten immer auch noch einen (kriminalistischen) Überraschungseffekt.

„Sein Bruder“ ist eine Auseinandersetzung mit Krankheit, Verfall und Tod, mit der bisweilen brutalen und bis auf Äußerste getriebenen medizinischen Behandlung. Er beschreibt einerseits die Unfähigkeit, mit Leid und Tod umzugehen,  andererseits aber auch die Bedingungslosigkeit einer Bruderliebe.

Sehr beeindruckend!

Small World – Martin Suter

Konrad Lang, 63, ist vergesslich geworden…so weit, dass er eines Tages statt des Kaminholzes in der Villa auf Korfu, die er im Auftrag der Besitzerin betreut, das daneben aufgeschichtete Holz anzündet. Eigentlich bewohnt er ein kleines Pförtnerhaus oberhalb, aber wegen der Kälte will er in der Villa übernachten, obwohl ihm dies verboten ist. Konrad ist nicht nur vergesslich, er sagt auch dem Alkohol zu. Er macht sich an diesem Abend in seiner kleinen Küche noch etwas zu essen, nimmt auch noch Alkoholisches mit. Als er zurückkehrt, steht die Villa bereits in Flammen.

Im Folgenden wechseln sich Gegenwart und Rückblicke in die Vergangenheit miteinander ab. Immer wieder werden kleine Informationen gestreut, die nach und nach ein Bild ergeben.

Konrad steht offensichtlich unter dem merkwürdigen Schutz der Besitzerin der abgebrannten Villa, Elvira Senn. Sie war als 19jährige nach dem Tod seiner Frau in das Haus des Industriellen Wilhelm Koch zur Betreuung seines damals dreijährigen Sohnes Thomas gekommen. Schnell heiraten die beiden. Nach Wilhelms’ frühem Tod heiratet Elvira den Direktor der Koch-Werke, Edgar Senn, der 1965 ebenfalls verstirbt. Elvira übernimmt die Geschäfte und führt das Unternehmen erfolgreich.

Konrad ist das uneheliche Kind des Dienstmädchens Anna, das sich nach Wilhelms‘ Tod um Elvira kümmert. Elvira, Anna und die Kinder reisen bis kurz vor Kriegsbeginn viel in der Welt herum. Während einer Reise nach London verliebt sich Anna in einen deutschen Diplomaten, dem sie die Existenz von Konrad verschweigt. Vielmehr lädt sie Konrad bei einem Bauern im Emmental ab. Konrad ist damals 6 Jahre. Als 5 Jahre später kein Geld mehr fließt, bringt der Bauer Konrad zu Elvira, die ihn auf Bitten von Thomas widerwillig aufnimmt. Konrad selbst sagt, dass er und Thomas von da an wie Brüder aufwachsen. Als Thomas wegen schlechter Leistungen in ein Internat geschickt wird, in dem die zukünftige Elite ausgebildet wird, verlangt Thomas, dass Konrad mitkommt. Während Thomas Konrad gegenüber loyal ist, wenn sie allein sind, behandelt er ihn in Gegenwart der anderen reichen Schüler abschätzig als den Sohn einer ehemaligen Hausangestellten. Konrad wird gedemütigt, hat aber nicht die Kraft, sich zu wehren.

Er hat ein großes Talent zum Klavierspielen, aber auch diesen Traum kann er nicht verwirklichen, weil beim Spiel eine Hand immer wie eine „Marionette“ der anderen folgte.

Thomas spannt ihm auch noch seine erste Liebe Elisabeth aus und heiratet sie. Die Ehe scheitert.

Nach vielen Jahren überträgt Elvira formal die Firmenleitung an ihren nun 53jährigen Sohn, zieht aber im Hintergrund weiter die Fäden. Sie hält Thomas aus „charakterlichen“ Gründen nicht geeignet und plant, dessen Sohn Urs die Geschäfte zu übertragen, sobald dieser soweit ist.

Nach dem Brand muss Konrad Korfu verlassen. Elvira finanziert ihm seinen Lebensunterhalt in einer kleinen Wohnung in der Schweiz unweit ihres Wohnsitzes, der Villa Rhododendron. Sie hält ihn auf Abstand, lässt sich aber über seinen Gesundheitszustand informieren und scheint ihn loswerden zu wollen. Sie erhöht sogar sein monatliches Budget, damit er sich zu Tode trinken kann. Nach einer kurzen Liebesbeziehung mit Rosemarie, der geschiedenen Frau eines seiner damaligen Mitschüler im Internat, während der Konrad noch einmal auflebt, verfällt er zusehends, so dass er zunächst in einem Heim untergebracht wird. Da bekommt er Hilfe von Simone, der unglücklichen Ehefrau des ewig fremdgehenden Urs. Sie entdeckt in Konrad einen neuen Lebenssinn und setzt durch, dass er von nun an in dem ehemaligen Gästehaus der Villa Rhododendron mit aller notwendigen Betreuung leben kann. Konrad scheint immer mehr in das Vergessen zu sinken und Simone bringt es nicht mehr fertig, ihn zu besuchen, bis eine Schwester ihr eines Tages ein Bild von Konrad bringt, auf das er geschrieben hat: „Eigentlich wollte ich darüber noch schreiben“, d.h. es gibt da noch Dinge, an die sich Konrad erinnert, und die will Simone ans Tageslicht bringen.

Sie stiehlt  Fotoalben aus den “Gemächern“ von Elvira, als diese auf Urlaub ist, und zeigt Konrad Fotos aus seiner Vergangenheit. Konrad erinnert sich anfangs noch genau an Reisen, die er zusammen mit Thomas und Elvira unternommen hat.

Zwischendurch immer wieder die zusehends nervöser werdende Elvira. Es muss irgendein schlimmes Geheimnis geben, von dem sie fürchtet, dass Konrad sich daran erinnert.

Es kommt bis zur Auflösung des Rätsels noch zu verschiedenen Verwicklungen und dramatischen Ereignissen, die hier aber nicht mehr verraten werden. Es bleibt spannend bis zum Schluss!

Suter verbindet in seinem Roman gekonnt die differenzierte Beschreibung der fortschreitenden Alzheimer-Krankheit von Konrad, die jeder unterschreiben kann, der schon mal mit Demenz oder Alzheimer zu tun hatte, und eine Kriminalgeschichte.

Ich persönlich habe zunächst gezögert, diesen Roman zu lesen, da ich – wie man/frau vielleicht schon vermutet hat – reale Erfahrungen mit Demenz und ihren Auswirkungen gemacht habe und nicht wusste, ob ich mir das „antun“ sollte. Aber durch den zeitlichen Abstand zu den eigenen Erfahrungen war es letztlich nicht mehr schwierig. Höchstens immer wieder zustimmendes Nicken bei der Beschreibung der Symptome. Im Fall von Konrad nimmt die Geschichte sogar noch einen letztlich versöhnlichen und hoffnungsvollen Verlauf.Und wie schön, dass Konrad einen Menschen – Simone – gefunden hat, oder besser gesagt, sie ihn, der sich um ihn kümmert, seine Partei ergreift. Das ist für mich eine der wichtigsten Lehren aus meinen persönlichen Erfahrungen: den Menschen in ihrer Not beizustehen.

Der Krimi dahinter ist nicht gleich erkennbar in seiner ganzen Tragweite und beschreibt ein Familiendrama aus Lug und Trug und schließlich sogar Mord.

Der 1997 erschienene erste Roman Suters begründete seinen Durchbruch. Er ist zugleich der erste Band aus der von Suter selbst so genannten „neurologischen Trilogie“  („Die dunkle Seite des Mondes“ und „Ein perfekter Freund“), in der er Identitätskrisen der Protagonisten beschreibt. Es gibt in dem vorliegenden Roman mehrere Aspekte einer Identitätskrise: Konrad’s Abhängigkeit von Thomas un Elvira, die bewusste Irreführung Elviras über Konrads Identität und schließlich der Verlust derselben durch die Krankheit.

Suters Romane (zugegeben, ich habe erst zwei gelesen) sind sicher keine leichte Kost im Sinne eines Unterhaltungsromans, aber sie bieten eingebettet in eine spannende Handlung tiefe Einblicke in die menschliche Psyche und mögliche Verirrungen.

 lesenswert!

Peter Stamm – An einem Tag wie diesem

Heute mal die Besprechung eines Buches, das schon 2006 erschienen ist und das mir erst jetzt in die Hänge gefallen ist: „ An einem Tag wie diesem“ von Peter Stamm. Soweit ich mich erinnere, habe ich vor Zeiten auch sein Buch „Ungefähre Landschaft“ gelesen, kann mich aber nicht mehr an Einzelheiten erinnern.

Bücher zu kommentieren für mich also auch die Möglichkeit, später noch mal nachzulesen, worum es ging.

Der langen Vorrede kurzer Sinn: Vage Erinnerung, dass mir „Ungefähre Landschaften“ gefallen hatte und ich mir deshalb auch dieses Buch ausgesucht habe. Übrigens, war mal ein Spiegelbestseller.

 

Andreas, der Protagonist, ist um die vierzig, als er den Entschluss fasst, sein Leben zu ändern, nicht freiwillig indes. Ein nicht nachlassender Husten führt ihn zum Arzt, der ihm sagt, es könne harmlos oder aber auch ernsthaft sein. Andreas lässt zur Klärung ein MRT machen, verlässt aber die Arztpraxis, bevor ihm das Ergebnis mitgeteilt wird. Er will es nicht wissen oder, besser gesagt, er hat Angst….

Andreas fühlt sich eher als Statist oder Zuschauer eines „imaginären Films“, denn als Akteur in seinem eigenen Lebens. In einem kleinen Schweizer Dorf geboren und aufgewachsen, erlernt er den Lehrerberuf und bekommt schließlich eine Stelle an einer Pariser Schule.

Eines Tages, als er den Unterricht vorbereitet, fällt ihm ein kleines Büchlein mit Liebesgeschichten als Lehrstoff für seine Schüler in die Hände. Eigentlich mag er keine Liebesgeschichten für den Deutschunterricht wegen der Tuscheleien der Schüler. Er beginnt zu lesen von der Romanze zwischen einem französischen Au-pair-Mädchen und einem deutschen Jungen und erinnert sich an den Sommer, in dem er Fabienne kennen- und lieben gelernt hatte. Schon damals hatte er sich nicht getraut, Fabienne seine Liebe zu gestehen, bis auf einen flüchtigen Kuss, den er gewagt hatte. Man darf vermuten, dass Fabienne gerade auf dieses Geständnis seiner Liebe gewartet hatte.

Einige Jahre später begegnen sie sich wieder in Paris, wo Fabienne noch studiert und Andreas ein Praktikum absolviert. Aber auch hier bringt er es nicht fertig, seine tatsächlichen Gefühle zu äußern, und so bleibt es auch hier bei Äußerlichkeiten.

Später erfährt Andreas, dass Fabienne inzwischen Manuel geheiratet und ein Kind bekommen hat, Manuel, sein damaliger Freund, der in dem besagten Sommer auch dabei gewesen war.

Andreas führt ein Leben, das wesentlich durch das Gefühl der Leere gekennzeichnet ist. Er lebt in den Routinen seines Lehrerberufs, hat Affären mit verschiedenen Frauen und es gefällt ihm, wenn diese keine Ansprüche stellen und möglichst unbeteiligt bleiben, wie er selbst.

Aber da ist die Erinnerung an Fabienne…

Als Andreas die Mitteilung bekommt, dass er vielleicht eines lebensbedrohliche Krankheit hat, schmeißt er alles hin, kündigt seinen Stelle, verkauft seine Möbel und trennt sich von (fast) allem, was von seinem bisherigen Leben an Erinnerungen übrig geblieben ist . Bleibt nur noch der rote Kunstlederkoffer, mit dem er vor achtzehn Jahren nach Paris gekommen war, und neben ein paar anderen Kleinigkeiten, die Briefe von Fabienne.

„Nicht einmal sein Adressbuch packte er ein. Er fühlte sich sehr leicht, von allem Ballast befreit. Es war ihm, als habe er die ganzen Jahre geschlafen, als sei er taub geworden wie ein Körperteil, das man lange nicht bewegt hat. Jetzt empfand er jenen seltsam lustvollen Schmerz, den man spürte, wenn das Blut zurück in den Arm oder das Bein schießt. Er war noch am Leben, bewegte sich“.

Und dann macht sich Andreas auf den Weg zurück in die Schweiz, um einige Dinge zu klären…

In diesem Roman verbinden sich zwei Stränge miteinander. Da ist die Frage des, was wäre geschehen, wenn eine Liebe – der man irgendwann im Leben begegnet ist, die damals aber unerfüllt und unbeantwortet geblieben war – doch gelebt worden wäre? Eine Geschichte, die wahrscheinlich viele von uns erlebt haben. Es bleibt immer diese Frage, ob man nicht glücklicher gewesen wäre, ob das Leben nicht besser, schöner, reicher verlaufen wäre.

Der zweite Strang ist das Leben von Andreas, das in Gleichförmigkeit und Leere erstarrt ist, einer Gleichförmigkeit und Routine, die ihm gleichzeitig Halt gibt, denn er hat Angst, dass sein Leben im Chaos versinken würde, wenn er sich aus diesem Leben hinaus begäbe. Auch das sicherlich eine Erfahrung von vielen von uns, dass wir zwar mit dem, was wir gerade tun, nicht zufrieden sind, diesen Zustand aber lieber so beibehalten, als auszubrechen und das Unbekannte zu wagen.

Und dann tritt ein Ereignis in unser Leben, das uns dazu auffordert, nochmal alles zu überdenken.

Als ich vor ein paar Tagen einer französischen Freundin den Inhalt des Buches erzählte, merkte ich , wie sie mir sehr aufmerksam zuhörte, wie sie ganz aufgeregt wurde und mir schließlich erzählte, dass auch sie eine ähnliche Geschichte erlebt hatte als junges  Mädchen auf einem Ausflug nach Deutschland…und wie sie die Geschichte auch jetzt, nach so vielen Jahren, noch bewegt. Ich habe etwas Ähnliches erlebt und wahrscheinlich nicken einige von euch jetzt auch verstehend mit dem Kopf. Wie mächtig sind diese Erinnerungen.

Ja, von daher betrachtet kann das Buch alte Wunden wieder aufreißen oder schöne Erinnerungen wieder wach rufen.Die Frage, was gewesen wäre wenn, hat mich lange Jahre nicht losgelassen und ich habe eine Antwort eingefordert, die ich nie erhalten habe. Es sind die Beziehungen, die letztlich einfach so, ohne ein Wort plötzlich zerbrechen und in der Luft hängen bleiben, die uns ein Leben lang beschäftigen.

Andreas befreit sich schließlich in einem guten Sinn und hat Raum für Neues geschaffen. Und er befreit sich auch ein Stück weit von der Angst vor sich selbst und seinen Gefühlen, die übermächtig sein muss, da er sie die ganzen Jahre unterdrückt hat. Endlich, am Ende, fließen Tränen….