Vom Tal der Tränen zu vorsichtigem Optimismus

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Das kennzeichnet grob die Tage seit meiner Entlassung aus dem Krankenhaus. Ich war mit der Behandlung im Krankenhaus zufrieden, das will ich an dieser Stelle betonen. Sowohl die ärztliche, pflegerische als auch ernährungstechnische Versorgung war in Ordnung. Ein/zwei Ausfälle gibt es überall, also auch im Krankenhaus, wo man sich fragt, warum der- oder diejenige den Beruf ergriffen hat….

Zurück zu Hause begann ein auf und ab der Gefühle und Ereignisse. Der 1. Verbandswechsel beim zuständigen Orthopäden fiel positiv aus. Das 2. Mal geriet zur Tortur, da mein Kreislauf wie schon im Krankenhaus auf halbem Weg, genau gesagt von der 2. Etage im Erdgeschoss angekommen, den Dienst versagte und mich zur Umkehr zwang. So hockte ich da wie ein Häufchen Elend und wusste nicht, wie ich den Weg nach oben  bewerkstelligen sollte. Nach unten ging es gerade noch mit beiden Krücken in einer Hand, wie ich es gelernt hatte und dann Stufe für Stufe herunter gehoppelt. Aber auch diese Anstrengung war schon zu viel.

Da sind wir nun bei den verschiedenen Möglichkeiten der Fortbewegung angelangt, die ich im Laufe der Zeit entwickelt habe:

Treppe runter habe ich beschrieben. Treppe rauf, lt Physiotherapeut genauso zu bewerkstelligen wie runter, d.h. jeweils mit dem „gesunden“ Bein hoch hüpfen, war/ist für mich unmöglich. Für jüngere Menschen mag das gehen, bei mir nicht. Alternativlose Alternative: im dreibeinigen Krebsgang – so nannten wir das früher im Sportunterricht – rückwärts die Treppe hochkrebsen. Könnt ihr euch das vorstellen? Rückwärts auf die Treppe setzen, mit den Händen eine Stufe höher abdrücken und mit dem „Standbein“ nach oben schieben. Dabei noch die beiden Krücken irgendwie mitschlören. Und das bis in die zweite Etage. Das blieb auch meinen Nachbarn nicht verborgen und ich erntete ihr ungeteiltes Mitleid!

Nun, eine weitere Fortbewegungsform, die ich dann in der Wohnung praktizierte, wäre vielleicht auch noch eine andere Möglichkeit, würde aber die Anschaffung von Knieschonern erfordern: auf allen Vieren/Dreien vorwärts hinaufkrabbeln. Wie gesagt, nur mit Knieschutz.

Einschub: An dem betreffenden Tag trainierte ich aus den Erfahrungen im Krankenhaus heraus das Laufen auf den Krücken und gelangte mit letzter Kraft zum Arzt. Da ich zuvor angerufen und mitgeteilt hatte, dass mein erster Anlauf auf Grund einer Kreislaufschwäche fehlgeschlagen war, musste ich nicht allzu lange warten…Das Ergebnis war erstmal beunruhigend: Der Fuß war stark angeschwollen und die Haut an der Naht nässte an einer Stelle. Der Arzt verschrieb vorsichtshalber Antibiotika. Ich will es kurz machen: ich nahm sie nicht und ließ mich homöopathisch behandeln (ich hatte die Antibiotika aber zu Hause und hätte sie auch sofort eingenommen, wenn mein Zustand sich verschlechtert hätte; es stellte sich glücklicherweise ein paar Tage später heraus, dass ich auch keine Entzündung im Blut hatte). Eine weitere Folge war allerdings, dass die Fäden nicht wie vorgesehen gezogen werden konnten.

An diesem Tag war mir zum ersten Mal so richtig zum Heulen, während ich es bis dahin immer noch geschafft hatte, die Situation mit Humor zu nehmen. Das Gefühl, keine Kontrolle mehr über seinen Körper zu haben und die Segel streichen zu müssen, hat mich umgehauen.

Daneben perfektionierte ich kontinuierlich meine Techniken zur Alltagsbewältigung: Meistens – vor allem nachts – rutschte ich auf Knien auf einem gut gepolsterten Kissen zur Toilette. Tagsüber dann besser auf Krücken, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Wenn ich Sachen transportieren musste, wieder auf die Knie und die entsprechenden Gegenstände – den Tee oder das Frühstück vor mir her geschoben (letzter Einfall: die Gegenstände auf eine Zeitschrift stellen und schieben. Das Ganze funktioniert natürlich nur auf einem glatten Untergrund. Bessere Lösung: ein (Büro-) stuhl mit Rollen! Ein diesbezüglicher Versuch scheiterte bei mir, weil die Rollen für Laminat offensichtlich nicht geeignet sind. Als letzte Alternative dachte ich darüber nach, wie ich mich als Rollmops durch die Wohnung rollen könnte. Dazu ist es bis jetzt noch nicht gekommen.

Mein Sohn  konnte sich neben dem vordergründig geäußerten Mitleid für meine Situation regelmäßig das Lachen nicht verkneifen, wenn ich an seinem Zimmer vorbeirutschte, gänzlich brach er jedoch vor Lachen zusammen, als ich an einem dieser Tage auf allen Vieren angerutscht kam, meine „Tablett“ vor mir her schob und einen kleinen Rucksack auf dem Rücken trug, den ich an seinen angestammten Platz  an der Garderobe zurückbringen wollte. So eine Gemeinheit!

Daneben musste der Verband mehrmals täglich neu gewickelt und der Fuß gekühlt werden. Seit 2 Tagen ist die Wunde geheilt und auch mit Hilfe von Lymphdrainage geht die Schwellung nach und nach zurück…

Diejenigen von euch, die so etwas selbst schon  erlebt haben, werden nachfühlen können, wie es einem so geht. Die anderen haben vielleicht Anregungen bekommen, wie man sich durchschlagen kann, wenn man sich in einer ähnlichen Situation befindet.

Geduld und Erfindungsreichtum sind gefragt. Operationen sind keine Spaziergang, Entzündungen eine ernstzunehmende Angelegenheit.

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Eine gute Portion Humor hilft!!!!

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